SaschaSalamander

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Die Eisfestung

stroud_eisfestung_150.jpgIch habe "Die Eisfestung" recht flott beendet, denn irgendwie war es ja doch spannend. Aber ich war ein wenig erstaunt, das Buch ist in vielerlei Hinsicht doch so ganz anders als manch andere Bücher: die Einordnung in ein Genre fällt mir schwerer als sonst, der Schreibstil ist recht eigen, und überhaupt ist es ein recht ungewöhnliches Buch ... aber, jetzt erstmal Schritt für Schritt, beginnend mit dem Inhalt des Buches ;-)

Emily streift allein durch die Winterlandschaft in der Nähe der alten Burg und trifft eine Bande Jugendlicher, die sie nun wirklich nicht treffen wollte ... als sie sich so richtig ärgert, taucht auf einmal Marcus auf, ein fremder Junge, der in ihr die Begeisterung für die Burganlage hier wecken möchte. Und dann muss auch noch Simon, der zu den verhassten Jugendlichen aus dieser blöden Bande gehört, dazukommen! Aber Marcus schafft es, die Stimmung zu glätten, und widerwillig kommen sie alle drei so langsam ins Gespräch und beschließen nach einer Schneeballschlacht, sich wieder hier bei der Burg zu treffen. Gesagt, getan, und so lernen sich die drei näher kennen, sie alle scheinen Außenseiter, und irgendwie bahnt sich doch langsam eine Freundschaft zwischen ihnen an.

Sie treffen sich häufiger und erobern dabei auch die alte Burg, die von dem übellaunigen Harris bewacht wird. Und sie übernachten sogar dort oben! Doch als Marcus verschläft, zu spät nach Hause kommt und sich einige Tage später mit blauen Flecken an Gesicht und Körper in der Burg verschanzt, halten seine Freunde natürlich zu ihm, und der Kampf gegen Jugendamt, Polizei, Feuerwehr und den prügelnden Vater beginnt ... aus dem anfänglichen Spiel wird lebensbedrohlicher Ernst ...

Hm, und genaugenommen habe ich jetzt von 4 CDs etwa drei davon bereits beschrieben ... normalerweise mache ich das sehr ungern, dass ich soviel von der Handlung im Voraus verrate, aber eines der Dinge, die das Buch so ungewöhnlich machen, ist eben auch der Aufbau:

Ich muss sagen, dass ich etwas enttäuscht war. Dass ich rein vom Thema her keinen "Bartimäus" und auch kein "Drachenglut" erwarten kann, war mir klar. Aber ich musste etwa zwei CDs lang kämpfen, ob ich nun weiterhören soll oder nicht. Die Handlung zieht sich und zieht sich, es passiert nicht wirklich etwas. Erst kurz vor Ende dann verschanzen sie sich auf der Burg, es gibt ein kurzes Intermezzo mit der Polizei, und dann ist man ratzfatz ohne viel Federlesen auch schon am Ende, das leider sehr kurz und knapp daherkommt und für meinen eigentlich recht flexiblen Geschmack trotzdem arg viel offenlässt ... ich habe ja nichts dagegen, wenn eine Geschichte nicht actionreich und haarsträubend ist, Thrill ist für mich mehr als Gänsehaut und Hochspannung. Aber der Anfang zog sich für mich wie Kaugummi ... Und, wie gesagt: endlich mitten in der Handlung, schwupps, schon wieder vorbei. Leider ein wenig unglücklich geworden, wie ich finde, ...

Das Genre ist recht schwer einzuschätzen, auch deswegen ist es nicht leicht, den Schreibstil zu bewerten und zu sagen, es hat hieran gefehlt oder dort gemangelt. "Die Eisfestung" ist zu einem Teil Kinder- und Jugendbuch aufgrund ihrer Protagonisten und deren Sichtweisen. Das Thema ist jedoch ein ernstes und kann auch als Erwachsenenroman gelten. Durch die Entwicklung zum Ende hin wird es manchmal auch in die Kategorie der Thriller gesteckt, was ich persönlich allerdings für etwas überzogen halte. Fantasy ist es nicht, sondern ein reiner realistischer Roman, eine Handlung, wie sie so tatsächlich auch passieren könnte. Für mich gehört es am ehesten in die Kategorie "Jugendroman" ...

Hm, und dafür finde ich den Schreibstil dann doch etwas trocken. Wenig Schnörkel, wenig Verzierungen, sehr einfach gehalten. Ich finde, ein bisschen mehr Action könnte für jugendliche Leser schon drin sein. Vielleicht sind es eher die Charaktere, mit denen sich die Leser identifizieren können / sollen, die den Reiz dieses Buches ausmachen. Denn diese sind doch sehr gut beschrieben. Man erfährt zwar niemals direkt etwas aus dem Leben von Emily, Marcus und Simon, aber in ihren Gesprächen und Handlungsweisen lässt sich vieles herauslesen: Emily lebt so nebenher, während ihre Eltern sich recht wenig um sie kümmern. Simon ist der Jüngste, wird ständig hin- und hergeschubst, seine Geschwister sind ziemliche Rüpel, sein ältester Bruder sogar im Gefängnis, und er als das "schwarze Schaf" der Familie ist eher ruhig und friedlich, was ihm Spott und Hohn einbringt. Marcus´Mutter ist gestorben, und sein Vater kommt mit der neuen Situation nicht zurecht, prügelt seinen Sohn, der sich in eine lebendige Phantasiewelt zurückzieht. Das Unausgesprochene hinter dem Ausgesprochenen ist ein großer Reiz dieses Buches und macht einen großen Teil der "Spannung" aus ...

Es ist ein recht ernstes Thema, doch. Und der Leser fragt sich sehr oft, wem er denn nun Glauben schenken soll. Auch der Vater ist glaubwürdig. Und wie soll das Jugendamt nun reagieren? Hat Marcus in seiner Phantasie etwa alles erfunden? Aber kann man Blutergüsse und Beulen erfinden? Die Kinder halten zusammen, die Erwachsenen halten zusammen, und der Leser steht nun dazwischen und weiß nicht mehr, wem er eigentlich glauben soll ...

Hm, ja, doch, eigentlich schon ein gutes Buch, ... aber ...
hm, ja, eben das aber ...
aber der Anfang zu lang, der Höhepunkt zu kurz, das Ende zu schnell. Schade, denn die Story an sich hat viel Potential, und das Thema ist ebenfalls sehr wichtig ... aber es fehlt diesem Buch einfach das "gewisse Etwas", das mich ein Buch weiterempfehlen lässt ... aber ich hätte in dieser Zeit auch gut und gerne verlustfrei etwas anderes hören können ...

Hören ... genau, stimmt, ich habe ja letztens die Kategorie "Hörbuch" hinzugefügt. Aber hier gibt es nicht viel zu erwähnen. Der Sprecher, Gerd Köster, trägt die Handlung ruhig, gelassen, für meinen Geschmack etwas zu eintönig vor, aber es fällt nicht negativ auf. Es passt insgesamt zum Buch; nett, unauffällig, etwas träge, könnte eigentlich mehr sein ...

SaschaSalamander 16.04.2007, 15.18

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