SaschaSalamander

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Gespenster-Krimi 04 - Der Präparator

Die vierte Folge der Reihe GESPENSTER-KRIMI war für mich persönlich ein absolute Highlight. Ich bin allerdings sicher, dass DER PRÄPARATOR die Hörer in zwei Lager spalten wird. Denn was dieses Mal geboten wird, ist bereits der Inhaltsangabe nach eine Hommage an unzählige Slasher und außerdem eine Abrechnung mit den ganzen Billig-TV-Produktionen. Daher war mir klar, was mich erwarten würde: haufenweise Anspielungen, jede Menge billige Klischees, Blut und Gedärm und eine Alibi-Handlung als Rahmen für das Gemetzel. Und auch, wenn ich sonst gerne auf Klasse setze, aber dieses Genre hat es mir zum Feierabend mit Bier und Chips angetan, deswegen konnte ich es kaum erwarten, wieder einmal einen Slasher zu hören.




Ein paar abgeschriebene B- und C-Promis werden für ein neues Senderformat gecastet. Worum es geht, sagt der Leiter ihnen nicht. Sie fahren gemeinsam auf ein verlassenes Jagdschloss. Der Geheimhaltung wegen müssen sie ihre Handys abgeben, und es gibt nicht einmal Küchenpersonal. Sie sind allein, mitten im Wald, und der nächste Ort ist Kilometer entfernt. Und dann beginnt der Spaß ...

Während >MÖRDERBÄUME< und >HOLLYWOOD-HORROR< aus alten Heften von Earl Warren übernommen und einem Autoren dem Hörspiel entsprechend verändert wurden, ist DER PRÄPARATOR wieder eine Folge für sich, geschrieben von Markus Duschek, der in der Hörspielszene nach DREAMLAND GRUSEL, VIOLA AXTON, MINDNAPPING etc wohl auch nicht mehr gesondert vorgestellt werden muss. 

Der Stil? Absolut typisch, vorhersehbar und schon hundert mal gesehen. In diesem Fall aber sehe ich das nicht als Manko, sondern exakt diese Aufmachung war ja absolut beabsichtigt, und durch all die vielen Anspielungen und eingebrachten Klischees erkennt man auch sofort, dass dieses Hörspiel sich selbst nicht allzu ernst nimmt sondern vor allem auf Unterhaltung und auch Humor setzt. Während bei "Slasher" viele sofort an Michael Myers, Jason, "Wrong Turn",  "Cabin Fever" und Co denken, orientiere ich mich gerne  an den etwas witzigeren Parodien wie zB "Porn Horror Movie", "Dale and Tucker vs Evil", "Behind the Mask" oder "Severance - Blutiger Betriebsausflug". Und ich kam bei dieser CD absolut auf meine Kosten!

Alle Protagonisten werden vorgestellt, indem sie im Bus Gespräche führen und sich über ihre bisherigen Rollen und ihr Privatleben austauschen. "Ich bin nicht so der smarte Typ", "kriege immer die Rollen des Bösewichts", "bin geschieden", als würden sie ihren gescheiterten Lebenslauf nochmal so richtig plakativ darstellen. Das zieht sich etwas, wurde aber geschickt aufgepeppt mit allen möglichen Anspielungen. Ja, es wirkt etwas billig, wie von Mord in Serie über Mindnapping, Harry Potter, Dschungelcamp, Gespenster-Krimi, Benjamin Blümchen, Cobra 11 und alle möglichen Soap-Operas so ziemlich die gesamte Popkultur der Neuzeit (inclusive ein paar Oldies) abgehakt wird, aber es ist so demonstrativ, dass es schon wieder lustig ist. Ich kann mir direkt vorstellen, welchen Spaß der Autor hatte bei dem Gedanken "und wie bringe ich jetzt den nächsten Film auffällig unauffällig in den Dialog unter?". 

Dieses Genre arbeitet mit Klischees und billigen Mitteln, deswegen gehören diese Dinge einfach dazu, und ich bin begeistert, wie viel davon in die rund 70 Minuten Hörspiel gepresst und detailverliebt professionell umgesetzt wurde. Die nächsten Sätze sind ebensowenig Spoiler, als würde ich sagen "im Liebesfilm gibt es erst ein Missverständnis und dann ein Happy End". Wer das Genre nicht kennt oder trotzdem überrascht werden will (?!? Überraschung? Im Slasher?), sollte den nächsten Absatz nicht lesen ;-)

********** Wer Sex hat, stirbt zuerst. "Wir sollten uns aufteilen". "Einer von uns muss ins nächste Dorf und Hilfe holen". "Oh Gott, die Handies sind weg, und es gibt kein Telefon". "Ich erzähle Euch eine Geschichte. Sie ist wirklich passiert. Genau hier". Der aus der Psychiatrie ausgebrochene Wahnsinnige. Ein Jagdschloss mit Korridoren, Gängen, Arboretum, Bibliothek, Kaminzimmer, Brunnen sowie ein paar Falltüren und Bärenfallen. Der Täter ist natürlich mitten unter den Schäflein. Und der Täter labert viel zu lange, wird am Ende doch noch erwischt. Aber natürlich ist Teil 2 bereits in Aussicht, denn das Gemetzel geht weiter. **********

Die Soundeffekte sind klasse. Klatschen und Matschen, Schnetzeln und Metzeln und alles so herrlich überzeichnet. Allein das klirrend-schneidende Geräusch des gezogenen Messers ist ein Genuss, ganz großes Kino! Hier kriegt jemand eins drüber, dort wird jemand abgeschlachtet, und dazwischen extatische Lustschreie und das wenig erotische Klatschen von Fleisch auf Fleisch beim Sex, und am Ende eine akustische Blutorgie. Ja, wie oben schon gesagt - an solchen Szenen scheiden sich dann die Hörer in Genrefans und jene, die es widerwärtig finden.

Die realen Sprecher sind entgegen ihren verkörperten Rollen allerdings noch lange nicht auf dem Abstellgleis. Wie bei Contendo Media üblich hat man hier wieder die obere Riege geladen. Am besten gefiel mir Bodo Wolf, herrlich provokant und selbstverliebt, außerdem ein paar seiner Wutanfälle, die er so wunderbar überzeugend schäumt. Mit Jaron Löwenberg, Hartmut Neugebauer, Till Hagen, Santiago Ziesmer, Rainer Fritzsche und zig weiteren bedient er sich bei den Großen der Hörspiel-Szene. Was eine rein persönliche Angelegenheit ist: ich mag kreischende Frauen nicht, egal in welchem Genre. Daher war ich hocherfreut, dass die Frauen zwar auch hier schrien, was das Zeug hielt, die Stimmen aber nicht im Ohr schrillten, dank der gelungenen Darstellung von Rita Engelmann, Uschi Hugo, Tanja Dohse, Ute Dänekamp. 

Einziges Manko: mit den "Gespenstern" im Titel hat es sehr wenig zu tun, und Neueinsteiger könnten dadurch mit völlig falschen Erwartungen an die Titel herangehen. Unter den Fans ist dieser Widerspruch kein Problem, die kennen ihre Label und deren Produkte. Aber neue Gespenster-Fans könnten abspringen und die Horror-Freunde gar nicht erst darauf aufmerksam werden. 

Da ich mich von Genres gelöst habe und unabhängig genieße, hat sich die Reihe nach nur vier Folgen bereits zu einer meiner Lieblingsreihen gemausert. Edeltrash, Nostalgie pur und jede Menge Horrorspaß. 

SaschaSalamander 19.10.2015, 08.47

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