SaschaSalamander

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Kritiken schreiben - ein Trainingsbuch

"Ja, das Schreiben von Kritiken ist lernbar. In Grenzen, mit wohlüberlegten Voraussetzungen und Zielen. Richtig: ein kontrollierbares Schreibtraining und eine begleitende Supervision schadet ebensowenig wie die Lektüre fremder Kritiken und Einblicke in die Geschichte der Kritik. Auch richtig: man lernt das Entscheidende erst im Enrstfall, durch Vergleiche mit anderen und am besten durch eigene Fehler. Und vielleicht am wichtigsten: Man lernt es nur dann, wenn man das Schreiben von Kritiken nicht nebenbei betreibt und die kritische Neugier nicht auf den Museumsbesuch oder ein Einführungsseminar beschränkt. Es ist eine Sache, die etwas mit Jahren und Jahrzehnten zu tun hat, mit dem ganzen Leben vielleicht, vielleicht ist es sogar eine Frage der Lebenseinstellung. Ganz sicher ist es eine bestimmte Art und Weise, wie man sich grundsätzlich in seiner Gegenwart bewegt" (S. 9)

"Die fortlaufenden Reflexionen lassen sich mit solchen Aufzeichnungen [Anm: er rät dazu, ein Journal zu führen] plötzlich von außen beobachten - und man selbst kann von sich denken "so denke ich also, so habe ich also gedacht", worüber man dann übrigens wieder nachdenken kann, um sich darüber wieder neue Notizen zu machen, usw. usw., man muss das gar nicht ausspinnen, um sich klar zu machen, wohin das führt: zum dauernden Notieren und Nachdenken über das Notierte.
Wer das macht, wird sich innerhalb von Wochen eine erste Routine des Boebachtens, Denkens und Notierens erarbeiten. [...] Für den Kritiker heißt das: Nichts wird man mehr lesen dürfen, ohne dass das Journal dabei ist. Kein Buch, keine Zeitung, kein Prospekt, kein Plakat am Straßenrand. Was immer man auch sieht, was auch immer interessant scheint, weil es gemacht ist - man sollte sich etwas dazu notieren." (S. 33f)

aus: Stephan Porombka: Kritiken schreiben - ein Trainingsbuch; UVK 2006

********************

Hm ... ja, ich finde mich definitiv darin wieder, fühle mich ertappt und kann es nachempfinden (erlebe mich allerdings auch als etwas freakig, wenn ich ständig im Alltag alles analysieren muss und gar nicht anders kann als ständig zu hinterfragen).

Ich frage mich, wie dieser Text auf einen gesunden, nicht-rezensierenden Menschen wirkt? ;-)

SaschaSalamander 30.06.2012, 17.12

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Kommentare zu diesem Beitrag

2. von Susi

Ich frage mich, warum man aus allem eine Wissenschaft machen muss?

Warum kann man nicht ein Buch lesen, es reflektieren, und gut ist?

vom 01.07.2012, 07.41
Antwort von SaschaSalamander:

*nick* dachte mir, dass das kommt, denn was er oben schreibt, ist schon recht heftig ;-)

(diesen Satz (sowohl mit der Wissenschaft als auch "einfach nur ..."  hab ich früher ganz oft zu hören bekommen, grad im Studium, wenn die Komillitonen das genauso sahen, sobald ich anfing, etwas zu analysieren *g*)

1. von Freudenberg

Kritiken sind immer zu 50% falsch und zu 50% wahr, weil es in dieser Welt immer nur ein WAHR oder FALSCH gibt, wie die Computerprogrammierung von Inter- und Intranet aus 1 und O besteht.

Gegen Ende der 30er Jahre bewies Claude Shannon, dass es möglich ist, mit Schaltern, die entweder geschlossen für « wahr » oder offen für « falsch » sind, logische Operationen durchzuführen, wenn man die Ziffern 1 und 0 so zuordnet, dass 1 für « wahr » und 0 für « falsch » steht.

Was für Dich die richtige Wahl war, ist für Andere die falsche Wahl und auch genauso umgekehrt.

Somit können wir Filme, Bücher, Musik, Kunst, etc. etc. immer nur nach unserem Geschmack beurteilen, aber Niemals als Kritik und Empfehlung für Andere.

vom 30.06.2012, 23.54
Antwort von SaschaSalamander:

*nick* eine Rezension ist IMMER subjektiv.
Man kann allerdings versuchen, seine Meinung zu begründen. Wenn dies gelingt, dann kann der Leser erkennen "aus diesem Grund findet der Rezensent das Buch schlecht, aber mir gefallen solche Dinge, mir könnte es also gefallen". Eben darum geht es: das Buch nicht nur zu zerreißen / loben, sondern Gründe zu benennen und seine Meinung dadurch transparent zu machen.

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