SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

Lady Bedfort - Die Stille des Todes

Inzwischen hat der Hörplanet beinahe 80 Folgen der Reihe LADY BEDFORT veröffentlicht, und die Reihe hat meiner Ansicht nach nichts an Spannung eingebüßt. Im Gegenteil, die Charaktere haben sich weiterentwickelt, die Fälle bleiben durch ein buntes Team an Autoren abwechslungsreich, und trotz mehrfach notwendiger Wechsel der Hauptsprecherin gelingt es immer wieder, bekannte und professionelle Stimmen bis in die kleinste Nebenrolle zu präsentieren.

DIE STILLE DES TODES ist nun das erste Hörbuch. Ich war extrem neugierig, ob und wie das funktionieren soll. Denn einerseits bietet ein Hörbuch geniale Möglichkeiten (Perspektivwechsel, mehr Personen und Handlungsfäden, mehrstündiger Hörgenuss, ein komplexer Fall), andererseits ist man Lady Bedfort nun sosehr gewöhnt, dass sich eine Umstellung vielleicht erst einmal seltsam anfühlt. Passt das mehrstündige Format ohne Musik und mit nur einem Sprecher überhaupt zur Lady?


Klappentext: Ein heftiges Gewitter tobt über Narroway, als der geisteskranke Frank Cody seinen Pfleger umbringt. Anschließend gelingt ihm die Flucht aus der unheimlichen Anstalt. Sein nächstes Ziel scheint bereits festzustehen, denn bei seiner Verhaftung hat Frank geschworen, seinen Bruder Leland zu töten. Wird es Lady Bedfort gelingen, Codys Rachepläne zu vereiteln? Und noch mehr seltsame Dinge geschehen in Narroway und erwecken das Interesse der alten Dame. Sie beschließt, ihren Butler Max dort unter einem Vorwand einzuschleusen. Nicht ahnend, wie gefährlich diese Undercovermission schon bald für ihn sein würde...

Die Geschichte stammt aus der Feder von Marc Freund, der aktuell als Lead-Schreiber die Serie vorantreibt. Bereits mit >HAUS AM ABGRUND< zeigte er, dass er auch das Format ausführlicher Krimis beherrscht. Erzählt wird diesmal nicht nur aber vor allem aus der Sicht von Max. Rückblickend berichtet von den Ereignissen, die sich kürzlich zugetragen haben. Er kann nur aus seiner Sicht erzählen, doch da die Handlung bereits vergangen ist, kann er viele Andeutungen machen, die auf das drohende Unheil hindeuten. 

Max muss in dieser Geschichte auf eigene Faust Nachforschungen anstellen. Daher ist es gelegentlich erforderlich, dass der Autor auch auf Settings mit der Lady, dem Inspektor oder auch dem Geschehen in der Klinik wechselt. Während man einen Einblick in Max Gedankenwelt bekommt, bleibt Marc Freund hier jedoch der Beobachter von außen. Da aber, ähnlich wie in DAS HAUS AM ABGRUND die Geschichte sehr stark durch Dialoge vorangetrieben wird, ist es dem Hörer dennoch möglich, mehr über die Beweggründe der Personen zu erfahren. 

Diese für die Lady sonst unübliche Variante gefällt mir sehr gut. Besonders deswegen, weil Max zwar nach seiner "Auferstehung" deutlich an Stärke gewonnen hat aber dennoch immer die Nebenfigur zur Lady blieb. Hier erfährt man mehr über das, was ihn bewegt und antreibt, und es wird deutlich, was eigentlich alles in ihm steckt (wenn die Lady ihn einmal zu Wort kommen ließe). 

Dennis Rohling, der in der Serie durchgehend die Rolle des Max spricht, ist also sinnvollerweise auch der Sprecher dieses Hörbuches. Ist stimmig und passt sehr gut in seinen Passagen. Wenn er allerdings andere Szenen spricht, ist es gelegentlich etwas schwerer zu folgen. Da sehr viele Dialoge im Text enthalten sind, wäre ein Sprecher hilfreich gewesen, der mit Dialekt, Tonfall, Atmung und Stimmhöhe variieren kann. Dennis bemüht sich sehr, doch gerade bei den neuen und neutralen Charakteren fällt es ihm eher schwer, sodass die Unterscheidung, wer nun gerade spricht, eher schwerfällt. Dafür wird der französische Akzent zweier Charaktere umso deutlicher betont, was gerade zum Ende hin angestrengt und bemüht klingt. Was mir dagegen sehr gefiel: vor allem die bekannten Charaktere (Clara, Tim, Miller, Gomery) sind ihm (und uns Hörern) inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen, sodass er hier den typischen Tonfall sehr gut einfangen konnte. Schon bei den ersten Worten war oft klar "ui, hier flucht mal wieder Miller" oder "da ärgert sich Gomery gerade tierisch über die Lady". 

Musik wurde hier komplett weggelassen. Ich hatte auf eine inszenierte Lesung gehofft mit ein paar Geräuschen und vor allem etwas Musik zwischen den Kapiteln, aber es ist ein reiner Vortrag. Hätte die Geschichte ein wenig aufgepeppt, funktioniert aber ausnahmsweise auch mal ohne. 

Während man manche Folgen der Reihe für sich hören kann, ist dieses Hörbuch nicht dafür geeignet. Man sollte die Charaktere auf jeden Fall kennen, um die Interaktion zwischen ihnen zu verstehen. Ist also eher ein Fan-Häppchen, und das hat mich sehr gefreut. Solche kleinen "Aha-Momente" machen Spaß und verbinden den Hörer mit den Charakteren. 

Zur Geschichte selbst lässt sich gar nicht so viel sagen. Marc Freund versteht sein Handwerk und hat die Sache prima geregelt. Es agieren doch recht viele Charaktere, und die Geschichte ist dementsprechend auch etwas länger angelegt. Sehr schön baut sich die Spannung auf: der Tod in der Gewitternacht zur Einleitung, und dann beginnen die Ermittlungen, immer mehr Figuren treten auf die Bühne, die Hintergründe werden offenbar, neue Motive ergeben sich, ein paar falsche Fährten werden gelegt, dann der große Showdown mit überraschender Wendung (wobei, "überraschend" ist für uns geübte Krimi-Hörer natürlich relativ, es wurde eben wieder klassisch und geschickt geplottet). 

Insgesamt kann ich also sagen, dass das Hörbuch sehr gut gefallen hat. Die Geschichte steht für sich, erfordert aber Vorkenntnis. Es ist eine willkommene Abwechslung zum sonst typischen Hörspiel-Format und lockert die Reihe etwas auf. Schön hätte ich gefunden, wenn wechselnd zwei oder drei Sprecher den Text einlesen und man zwar kein Hörspiel daraus macht, aber vielleicht ein paar Geräusche sowie Intro- und Outro ergänzt. Aber das sind eher Wünsche fürs nächste Mal als tatsächliche Mängel, denn insgesamt war das Hörbuch ein ebenso großer Genuss wie die Reihe selbst. Vor allem: endlich einmal die "volle Dröhung" Lady, und nicht nach einer CD wieder vorbei.

Dauerhaft ist mir das Hörspiel lieber. Aber für zwischendurch - bitte mehr von diesen Hörbüchern! ;-)


SaschaSalamander 03.02.2015, 08.45

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