SaschaSalamander

Ausgewählter Beitrag

The Visit

Auch hier wieder: Filme zu rezensieren fällt mir eher schwer, weil ich nicht so der optische Typ bin. Aber THE VISIT hat mir außerordentlich gut gefallen, deswegen möchte ich meine Gedanken auf jeden Fall wieder teilen, wenn auch nur in Gedankenfetzen und Stichpunkten.


- Shyamalan ist für mich Garant für ganz großes Kino, egal was er dreht. SIXTH SENSE war ein Meilenstein, UNBREAKABLE hat mich damals sehr bewegt, dann gab es noch SIGNS, THE VILLAGE, DAS MÄDCHEN AUS DEM WASSER und ein paar weitere. 

- Story: Im Stil eines Found Footage (die Frage, wer die Kamera hält, stellt man allerdings eh nicht mehr, daran hat man sich inzwischen nach zig Filmen gewöhnt). Die Mutter hatte sich mit den Großeltern überworfen, aber die Kids möchten sie dennoch kennenlernen, und so begibt sich die Mutter auf Kreuzfahrt, die Kinder fahren zu Oma und Opa (und das Mädel dreht eine Doku über ihre Herkunftsfamilie). Die beiden sind nett, aber irgendwie auch sehr seltsam. So sind alte Leute eben. Ein bisschen Schlafwandeln, seltsame Anwandlungen am Esstisch, sie werden eben dement. Aber irgendwie ist das schon ziemlich gruselig, ...

- Da Shyamalan sich auf verschiedenen Ebenen bewegt und in seinen Filmen unterschiedlich vorgeht, kann man nicht sagen, worauf es hinauslaufen wird: gibt es eine logische Erklärung für das Verhalten der Großeltern? Sind übersinnliche Kräfte am Werk? Außerirdische? Paranormales? 

- Irgendwie ein Genremix: Familiendrama (was ist passiert, dass Mutter und Oma sich überworfen haben?), Komödie (die Kids sind wirklich schräg, man muss sie einfach mögen), Horror (stellenweise wird es wirklich unheimlich), Found Footage (also Handwackelkamera im Doku-Stil)

- Die Kameraführung ist genial. Ständig hat man Angst vor einem Jumpscare, aber es kommt nichts. Es wird mal schneller, hektischer im Bild, aber es ist gut verträglich ohne Schockmoment. Immer sind Türen, Fenster, Spiegel so im Bild eingebaut, dass man ständig auf den Hintergrund achtet, die Anspannung beim Zuschauer wächst und wächst und wächst 

- die Frage ist, was eigentlich vor sich geht. Oma schiebt die Schuld auf Opa, er vice versa. Sind die beiden schizophren oder dement oder einfach nur schrullig? Und viele der Szenen waren ganz sicher nur ein Missverständnis! Sie scheinen sich zu genieren, dass ihre Enkel das mitbekommen und möchten das gerne vor ihnen verstecken. Stellenweise hat man ganz schön Mitleid mit den Kindern, die mit den Großeltern überfordert sind und mit den Großeltern, denen die Situation ziemlich peinlich ist. Aber ist Mitleid hier wirklich angebracht, oder sollte man nicht Angst um die Kinder haben und sich vor den Großeltern gruseln? Geniaaaaal, wie der Macher es schafft, aus Dingen wie dementen Senioren Horror zu basteln!

- bis zum Ende hin ist alles irgendwie rational erklärbar, es gibt keinen Grund, sich vor etwas zu gruseln oder auf Übernatürliches zu tippen. Trotzdem ist die Drehart so, als wäre es ein übersinnlicher Horror. Dieser Widerspruch ist genial und hält die Spannung großartig aufrecht. Was am Ende dann die Lösung ist, verrate ich natürlich nicht. Aber ich war sehr zufrieden, weil es in sich alles stimmig war und keine Lücken offen ließ

- die Kids sind klasse, man muss sie einfach mögen. Der Junge rappt zwischendurch immer wieder. Es klingt so schräg, aber irgendwie ist es auch sympathisch. Und sehr witzig. Die Kinder stellen den humorvollen Anteil des Films. Da gibt es ein paar ganz tolle Szenen, ich habe die beiden sehr schnell in mein Herz geschlossen. Zwischendurch wird es auch emotional, denn durch den "Doku"-Anteil führen die Kids auch Interviews, und die Geschwister erzählen einiges über ihre Familie, Gedanken, Gefühle, ganz ohne Schmalz aber doch bewegend. Sie verarbeiten das Drama ihrer Familie, die Trennung der Eltern, lernen die Großeltern kennen und wünschen sich, dass die Familie wieder zusammenwächst und die Mutter ihren Eltern vergeben kann.

- es gibt zwischendurch immer wieder Anzeichen, worauf es hinauslaufen könnte. Ich hatte eine Ahnung. Zwischendurch verwarf ich sie. Aber Shyamalan schafft es hervorragend, die Fährte zu legen, sodass am Ende alles stimmig aufgeht und erklärt werden kann. Das liebe ich, gerade bei einem Film dieser Machart, wo man sonst eher nur halbgare Enden serviert bekommt.

- dass der Film nicht ab 18 ist, verstehe ich absolut. Aber "ab 12" finde ich stellenweise schon etwas heftig, vor allem eingedenk des Endes. Es war an manchen Stellen schon sehr gruslig. Gut, inhaltlich nicht, auch nicht die Bilder (bis auf das Ende), aber das, was es beim Zuschauer im Kopf auslöst ist schon heftig. Ich glaube, einem 12jährigen hätte ich das definitiv nicht sehen lassen

SaschaSalamander 18.04.2016, 08.40

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