SaschaSalamander

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Und dann kauf ich mir eine Vespa

Wenn schon mein eigener Traum wortwörtlich ins Wasser gefallen ist (vorerst), will ich wenigstens beim Lesen weiterträumen. UND DANN KAUFE ICH MIR EINE VESPA UND FAHRE DAMIT NACH ITALIEN. Ein Buch mit diesem Titel hat gar keine andere Wahl als in meinem Regal zu landen. Erst recht, wenn der Autor das mit einer 125er LX bewältigt hat. Also habe ich zwischen einigen kleineren Touren während meines Urlaubs das Buch von der großen Tour gesen ... 

Der Autor Pivo Deinert ist Musiker. Allerdings steht in seiner Biographie des Buches nicht bei welcher Band, auch konnte ich im Web nichts Konkretes finden. Mit Schriftstellerei selbst hat er wenig am Hut, die Veröffentlichung des Buches war wohl für ihn eher ein Traum, ähnlich der Tour nach Italien. 

Dem Titel nach erwartete ich, dass das Buch ausschließlich seine Planung und Durchführung der Tour beinhaltet, auch das Cover lässt daran schließen. An der Biographie eines Musikers, den ich nicht kenne, hatte ich wenig Interesse. Leider war das jedoch ein großer Teil des Buches. So schreibt der Autor etwa, wie er eben das Stifler Joch erklommen hat, die Landschaft ist atemberaubend. Zack, Break, und dann erzählt er von seiner Arbeit mit Take That. Nichts gegen Take That und die Tatsache, dass der Autor Musiker ist, aber welchen Zusammenhang haben Take That und der unter Mühen erfolgreich erklommene Pass? Solche Momente gibt es sehr viele, sie reißen den Leser immer wieder aus dem Urlaubsfeeling, zerstören die Stimmung. 

Die Schilderung der Planung und der Tour selbst, hm. Ich bewerte ungern Bücher, welche die persönlichen Eindrücke und Erfahrungen einer Person schildern. Es ist eben immer eine Schilderung aus Sicht der Person, die es verfasst hat. Kritik am Werk ist somit Kritik an der Sichtweise und dem Empfinden des Autors, und das liegt mir fern. Dennoch möchte ich erklären, warum mich persönlich das Buch leider überhaupt nicht berührte und ich meinen Traum mit Pivo nicht teilen konnte:

Er geht stellenweise sehr naiv an die Sache heran, das finde ich sympathisch, weil es mir zeigt, dass auch Leute wie ich, ohne Schrauberkenntnis, ohne langjährige Tourenerfahrung, ohne große Maschine und ohne einen Funken von Fachkenntnis dennoch in der Lage sind, ihre Träume zu verwirklichen. Trotzdem fand ich diese extreme Naivität teilweise dann doch sehr anstrengend (was bei mir als Noob wirklich etwas heißen will) ... 

Seine Sprache erzeugt in mir keinerlei Bilder im Kopf. Er beschreibt grandiose, erhabene Momente. Das klingt etwa so: "Es war atemberaubend. Die Landschaft war toll. Ich war ergriffen". Kurze Sätze ohne jegliches sprachliche Feingefühl, die leider beim Leser nicht das Gefühl erwecken können, er wäre selbst dabei gewesen. Dazu streut er weltmännisch immer wieder kleine italienische Sätze und Worte ein, was möglicherweise Urlaubsflair vermitteln soll, aber eigentlich nur wirkt wie ein Tourist, der stolz seine mühsam erworbenen Sprachkenntnisse vor Ort präsentieren möchte. 

Von 140 Seiten kann man etwa 60 Seiten für Musik, Biografie, Grafik, Fotos abziehen, bleiben rund 80 Seiten, von denen ein Großteil dann Vorbereitung, Familienurlaub und Nachwort beinhalten. Macht 15 Euro für das sowieso schön dünne Büchlein ... 

Er schreibt zudem von sehr vielen Belanglosigkeiten, während der eigentliche Tourbericht ziemlich auf der Strecke bleibt. So beschreibt er wörtlich einen Dialog an der Tankstelle, aber was eine Tour (meiner Ansicht nach) ausmacht, ist ihm jeweils nur eine Randnotiz. Die Landschaft, das Gefühl auf der Straße, die Pausen, der Genuss. Mehrere Male erwähnt er "ich bin ein schlechter Langstreckenfahrer". Ich definiere das für mich aus dem, was ich von ihm gelesen habe so: er schrubbt zuviele Kilometer, isst zu wenig (was für mich heißt, dass er auch zu wenige Rastpausen eingelegt hat, sonst hätte er wenigstens eine Kleinigkeit gegessen). Und wie er auf der Tour seine Kilometer geschrubbt hat, so hat er auch das Buch verfasst: voller Begeisterung, aber sehr knapp, ohne große Umwege, mit wenig Vorbereitung, ohne fremde Hilfe und mit einer ordentlichen Portion Naivität. 

Er selbst wirkt sehr sympathisch, und den Menschen hinter dem Buch hätte ich gerne kennengelernt. Nicht als Autor, sondern als Kumpel. Mir gefällt, wie er seinen Plan umgesetzt hat, sich selbst motivierte, gegen die Unkenrufe der anderen trotzdem sein Ding durchzog, und wie er nach Erfüllung des Traumes bereits das nächste Ziel steckt. Seine Lässigkeit ist ansteckend, tut gut. 

Gerne wäre ich mit ihm gefahren, hätte ihn auf seiner Tour begleitet. Ich liebe Reiseberichte, und von Tourenberichten auf der Vespa kann ich nicht genug kriegen! Aber er hat mich immer wieder vom Sattel geworfen, wollte mich nicht als Sozius bei sich haben. Er hat sein Buch eindeutig als Erinnerung geschrieben. für seine Familie, Freunde und Fans ist es ein tolles Werk voller Urlaubsfeeling, Einblicke in seine Denkweise. Für Fremde, die einen spannenden Reisebericht mit der Vespa in deren Heimatland erwarten, ist es leider eine Enttäuschung, denn auf die Bedürfnisse fremder Leser geht der Autor nicht ein. 

Sehr, sehr schade :(




SaschaSalamander 23.07.2014, 09.07

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Kommentare zu diesem Beitrag

3. von Pivo Deinert

Da sieht man mal.... Vespa fahren verbindet :-D

Ich habe eine Facebookseite zum Buch.

Hier klicken

Und da die gefüttert werden muss, ist da auch alles drin, was nach der 1. Vespa-Reise war: die 2. mit meiner Frau auf dem Sozius und dem kompletten Urlaubsgepäck; Anrollern in Berlin; Videos, Fotos ect. Letztes WE war ich übrigens im Nürnberger Raum unterwegs. Da haben wir uns verpasst :-)

Kurz bevor es damals losging, kamen die Forderungen meiner Freunde einen Blog über die Reise zu machen. Und genau das war es, was ich nicht wollte. Ich habe ja die Reise gemacht, um meinen Kopf freizukriegen und mir nicht ständig darüber Gedanken zu machen, wo der nächste Hotspot ist. Und im Nachhinein zu bloggen, ergab für mich keinen Sinn. Entweder in Realtime und wirklich "dabei sein" oder nicht.

Lieben Gruss, Pivo



vom 01.08.2014, 07.42
Antwort von SaschaSalamander:

Danke für den Facebook-Link, muss ich heute Nachmittag gleich mal stöbern!

Schade, wenn Du in Nbg warst, da hätte man wirklich mal ´nen Kaffee trinken können, wenn man das vorher gewusst hätte ;-)

Dass Du während der Tour nix schreiben möchtest, kann ich nachvollziehen, mir geht es genauso. Wenn ich Vespa fahre, dann will ich den Alltag hinter mir lassen, keinen Druck, keinen Stress. Das heißt auch: Handy nervt, Internet ist unwichtig, Arbeit und Probleme hinter mir lassen, Landstraße, fahren, Genuss, gemütliche Einkehr und den Kopf nur im Wind ...

aber das Schreiben hinterher, wenn alles vorbei ist, das brauche ich, das ist meine Form von Verarbeiten, die Eindrücke müssen ja auch irgendwie verdaut werden, dafür ist grade bei ereignisreichen Urlauben keine Zeit, und das kommt dann danach ...

kann aber nachvollziehen, dass es hinterher keinen Reiz mehr für Dich hat ...
na, ich bin gespannt auf die FB-Seite, das klingt klasse :-)
2. von Pivo Deinert

Liebe Sara.

Ach wie schade, dass Dir mein Buch nicht gefallen hat :-( Ich habe zufällig Deinen Eintrag gefunden und hatte mich gefreut, dass jemand so ausführlich über mein Buch berichtet. Fing ja auch noch gut an :-) Ich finde Deine Kritik trotzdem sehr interessant, denn sie zeigt mir, mit welchen unterschiedlichen Sichtweisen die Leser an das Buch herangehen. Und da ich mehr positive Resonanz bekomme, als negative ( und die gute kommt nicht ausschliesslich von Menschen, die ich kenne ), kann ich mit negativer Kritik sehr gut umgehen. Ist ja auch nicht schlimm. So ist das in der Kunst. Dem einen gefällt's und dem anderen halt nicht. Was ich aber noch nie verstanden habe, ist das Phänomen des Durchlesens. Wenn ICH ein Buch in den Händen halte, dass mich nicht spätestens beim dritten Kapitel gepackt hat, dann lege ich es weg und suche mir ein anderes :). Von daher bin ich fast etwas traurig, dass Du in Deiner kostbare Urlaubszeit das Buch nicht einfach weglegen konntest.

Natürlich habe ich auf die meisten Kritikpunkte ein Gegenargument, aber das ist gar nicht mein Anliegen. Du hast recht. Mit Schreiberei ( jedenfalls die von Büchern ) habe ich wenig am Hut. Die Idee ein Buch zu schreiben, entstand auch erst auf den ersten 100km der Fahrt. Und ja; es war für meine Freunde geschrieben und ich hätte nie gedacht, dass meine Verkaufszahlen um ein vielfaches meine Erwartungen übertreffen würden. Und weisst Du was das Schönste für mich ist? Wenn jemand auf mich zukommt und sagt:"Ich habe Dein Buch gelesen. Es hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte auch schon immer einen Traum und Dein Buch hat mir den Anlass gegeben ihn umzusetzen." Denn darum geht es eigentlich in dem Buch. Nicht um die Vespa, nicht um Italien; sondern zu verstehen, wie Negatives und Positives zusammenhängt; dass das ganze Leben eine Reise ist und dass es nichts schöneres gibt, als sich Träume zu verwirklichen.

Lieben Gruss aus Berlin, Pivo


vom 26.07.2014, 09.30
Antwort von SaschaSalamander:

Hallo,

ui, danke für Dein Kommi :-)
Und es freut mich, dass Du auch so gelassen damit umgehst (es ist immer schwer als Rezensent, einen Beitrag zu schreiben heutzutage, weil man weiß, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass ein Autor mitliest. Man möchte keinen verletzen, aber trotzdem offen sagen, wie man es empfand, das ist nicht immer leicht) ... 

Wie Du sagst: das ist wie in der Kunst, wo einer über den Klee lobt und der andere zerreißt, und beide begründen es. Ich habe ja auch erklärt, warum ich es nicht so gut fand, denke das kam entsprechend rüber. Habe aber, gerade weil ich das so beschreibe, sschon oft festgestellt, dass Leute meine Rezis gelesen haben und sagten "okay, was sie stört, ist mir egal, aber der Rest klingt super, gefällt mir". Ob eine Rezi wohlwollend oder etwas enttäuschter ausfällt - auf jeden Fall wird der Leser dadurch darauf aufmerksam, und dann entscheidet er selbst (deswegen hab ich es auch nicht bei Amazon rein, denn dort lesen die Leute keinen Text, gucken nur auf die Sterne, das möcht ich nicht) ... 

nene, musst nicht enttäuscht sein über meine kostbare Urlaubszeit ;-) Ich lege Bücher sehr oft weg, da hab ich keine Hemmungen. Dass ich es durchgelesen habe heißt ja auch, dass es sooo schlecht, wie es für Dich vielleicht jetzt klang, trotzdem nicht war. Mein Lesetempo ist sehr schnell, was mich nicht interessierte (die Bezüge zu Musik und anderen Personen) habe ich außerdem weggelassen, nur den Vespateil gelesen, und da war ich nach einer knappen gemütlichen Stunde durch. 

Wie Sonja im anderen Kommentar schrieb: als Blog wäre es super gewesen! Deine Art zu schreiben hat was vom Bloggen, und falls Du einen Vespablog hast oder eröffnen willst, wäre ich begeisterter Leser! Hier mal ein Häppchen, dort ein paar Bilder, die Begeisterung (die in dem Buch zwar für mich offensichtlich ist aer nicht rüberkommt) würde im Blog anders wirken und wäre vermutlich eher ansteckend ... Blogs mit Vespatouren und Fotos liebe ich, falls Du da was schreibst wäre klasse!

(diese "Belanglosigkeiten", die ich in der Rezi anspreche ... im Buch empfinde ich sowas als Störend. Aber einem Blog geben sie Leben, für einen Blog sind sie elementar, und genau das ist es, was ich dort lesen möchte. Die kleinen Dinge, die persönlichen Dinge, die, die es eigentlich ausmachen, eben tagebuchartige Passagen)

Ich blogge ja auch über meine Vespatouren:
http://salamander.designblog.de

ist im Endeffekt nichts anderes als Dein Buch. Mir wurde hier und da schon mal gesagt, ich solle unbedingt eines schreiben, aber das will ich nicht, weil das, was ich dort schreibe, meiner Ansicht nach für ein Buch nicht geeignet ist. Aber für ´nen Blog ist es genau richtig. 

Dein Traum kam im Buch rüber, und ich habe mich trotz allem gefreut, dass Du ihn für Dich verwirklicht hast. Auch, wenn ich quasi nicht "mitgefahren" bin, das Anliegen war deutlich zu spüren, und ich finde es toll, dass Du das auf diese Weise umgesetzt und Dir erfüllt hast. Und, wie ich geschrieben habe in der Rezi: 

der Mensch hinter dem Buch klingt äußerst sympathisch, auf den wurde ich beim Lesen neugierig, und das zeigt sich jetzt auch in Deiner Reaktion auf die Rezi. Könnte mir vorstellen, dass wir zwar nicht im Buch, aber bei ´ner gemeinsamen Vespatour mit unseren 125ern auf einen Nenner kämen ;-)

*winkt*
Salamander (Chris)

1. von SonjaM

So wie Du das Buch beurteilst, hätte er genauso gut einen Blog schreiben können ;-)

vom 26.07.2014, 09.29
Antwort von SaschaSalamander:

ja, als Blog wäre es vermutlich super gewesen, dazu noch die entsprechenden Fotos in Farbe beigefügt, würd ich mir sofort in den Feedreader packen! :-)

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