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After School Nightmare
Klappentext: Das Leben des beliebten Schülers Mashiro Ichijo ändert sich schlagartig, als er für eine ganz spezielle Unterrichtseinheit ausgewählt wird: Dort werden die Schüler in eine abstrakte Traumwelt versetzt, in der sie eine Gestalt annehmen, die ihre größten seelischen Probleme und Ängste widerspiegelt. Ein Albtraum, offenbaren sich so doch schließlich Geheimnisse, die man unter allen Umständen vor seinen Mitschülern geheim halten wollte! Für Mashiro ergibt sich ein riesiges Problem, denn bis jetzt hat der Mädchenschwarm es vor seinen Mitschülern geheim gehalten, dass er eigentlich Hermaphrodit, also halb Junge, halb Mädchen ist! Nun sieht er sich gezwungen, sich mit seiner weiblichen Identität auseinanderzusetzen... Und das ist noch nicht alles! Die Teilnehmer des Traums sind gezwungen, gegeneinander zu kämpfen, denn nur einer der Schüler trägt einen Schlüssel in sich, mit dessen Besitz der Schulabschluss erreicht werden kann. Wird Mashiro dem Albtraum entkommen können?
CHARAKTERE / ENTWICKLUNG
Selbsterkenntnis, Weiterentwicklung und persönliches Reifen sind die zentralen Themen dieses Mangas. Daher ist die Charakterentwicklung eine große Stärke der Reihe. Nicht nur Mashiro, auch die anderen Schüler müssen in der Traumschule ihren persönlichen Ängsten begegnen und sie bekämpfen. Ich werde nicht spoilern, daher deute ich nur die Themen an (welcher Charakter mit welchem Problem zu kämpfen hat, wird teils erst im Laufe der Handlung klar). Angst vor Männern, Überheblichkeit, sich Lösen von einem strengen Elternhaus, Flucht in Phantasiewelten, eine körperliche Behinderung und viele anderen Sorgen, Komplexe, Schicksalsschläge tragen die Figuren in sich und müssen an ihnen wachsen.
Im Zentrum steht dabei natürlich Mashiro sowie seine / ihre (wird im Manga mal als männlich, mal als weiblich angesprochen) Frage "wer bin ich". Was kennzeichnet einen Mann, eine Frau? Ist es unmännlich, Schwäche zu zeigen? Muss ein Mann einen starken, trainierten Körper haben? Macht ein Kuss mit einem Mädchen ihn zu einem eindeutigen Mann? Weinen, ein Sinn für schöne Dinge, Zeigen von Emotionen vs Härte, Unnahbarkeit, macht ihn / sie das zu einer Frau? Oder ist es völlig egal, was andere denken, wenn man selbst weiß, wer man ist?
Dieser Konflikt wird sehr gut dargestellt, Mashiro erprobt sich in vielen Dingen und findet immer mehr zu sich selbst, auch unabhängig von der Meinung anderer und ohne sein Verhalten an anderen zu messen.
Schön ist auch, dass jedes Verhalten in diesem Manga eine tiefere Ebene hat. Heldenhaftigkeit kann zutiest eigennützige Motive haben, und vermeintlich bösartiges Verhalten kann lediglich ein Schutzreflex sein. Alle tragen sie in diesem Manga Masken, jeder versucht seine Schwäche zu verstecken und den anderen ein möglichst ideales Bild von sich zu zeigen, doch im Traumunterricht zeigt sich ihr wahres Gesicht in Form eines Avatars. Gemeinsam mit Mashiro rät der Leser, wer sich hinter dem gesichtslosen Mädchen, der Ritterrüstung, der Giraffe aus Papier, der Hand oder anderen Symbolen / Figuren stecken könnte und warum gerade diese Erscheinung den Schüler repräsentiert.
STORYAUFBAU
Es ist gelungen, wie sich im Laufe der Handlung Traum und Wirklichkeit immer mehr verquicken. Mashiro findet heraus, wer einzelne Teilnehmer sind, und die Schüler kommen sich untereinander näher. Es ist spannend zu erleben, wie sich die Probleme des Alltags in den Träumen manifestieren und wie sie dann gelöst werden. Die Entwicklung der Charaktere geschieht teilweise auf sehr metaphorische Weise.
Aber trotz der vielen Möglichkeiten, die der Manga storytechnisch bietet, verliert sich die Handlung leider viel zu oft in sinnlosem Beziehungsdrama. Die Dialoge sind langgezogen, zu oft drehen Mashiro, seine Freundin und sein Freund sich im Kreis. Viele Elemente außerhalb des Traumunterrichts hätte man besser gerafft. Entweder um den Manga auf weniger Bände zu kürzen. Oder besser noch: um den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen.
Da der Manga in der Realität spielt und außer dem Traumunterricht keine Fantasy-Elemente enthalten sind, stellt sich also die Frage, wie sich die Handlung weiterentwickeln wird. Es werden am Ende nicht alle Fragen beantwortet, nicht alle Problemem werden gelöst. Trotzdem ist der Twist zum Abschluss sehr schön umgesetzt, vermittelt noch einmal einen völlig neuen Blick auf die bisherige Geschichte.
ZEICHNUNGEN
Zu den Zeichnungen gibt es nicht viel zu sagen. Klassischer Shojo, hübsche Gesichter. Recht wenig Hintergrund, die Striche eher filigran und stellenweise Skizzenhaft. Wobei es weniger aussieht wie eine gewollte Technik sondern vielmehr wie ein noch eher ungeübter Zeichenstil. Trotzdem vermitteln die Zeichnungen viel Emotion, fangen den Moment sehr gut ein.
THEMA INTERSEXUALITÄT
Dass der Titel recht veraltet ist, merkt man schon an der Wortwahl (heute würde man "intersexuell" auf den Klapptentext schreiben). Mangaka Setona Mizushiro sowie die deutsche Überstzung machen sich da wenig Gedanken und wirbeln auch sonst einiges an Medizin und Psychologie durcheinander.
So gibt es im Laufe des Mangas etwa den Satz "Mein Oberkörper hat XY Chromosomen und mein Unterkörper XX". Autsch, dazu fällt mir nichts ein! Hört ihr das fette DONG, wie mein Kopf gerade auf die Tischplatte knallt? *seufz*.
Beim Lesen musste ich einige Male die Zähne zusammenbeißen und derlei völlig unqualifzierte Kommentare ignorieren, sonst hätte ich ihn wohl schon noch ein paar Seiten abgebrochen. Man merkt, dass Mizushiro von der Thematik NULL Ahnung hat und einfach nur etwas wollte, um den Konflikt in der Story voranzutreiben. Dabei wird mit vielen Klischees gespielt: Aussehen, sexuelle Neigung, stereotypische Eigenschaften, Menstruation und Brüste und Penis, all diese Dinge werden wild durcheinandergewirbelt.
Trotz alledem: wenn man den medizinischen Aspekt außer Acht lässt und es einfach als Fantasy-Manga liest, dann wurde sehr schön mit der Definition der Geschlechter gespielt. Man muss sich bewusst machen, dass es kein medizinisches Fachbuch ist, sondern ein Manga zur Unterhaltung, bei dem die Intersexualität des Protagonisten seine innere Zerrissenheit darstellen soll.
Es ist angenehm und unterhaltsam zu lesen, wie Mashiro immer mehr zu sich selbst findet und sich von der Vorstellung seines Körpers und seines sexuellen Begehrens löst. Die Selbstfindung ist glaubwürdig dargestellt und zeigt, dass Mann / Frau zu sein mehr ist als das sture Festhalten an gesellschaftlichen und biologischen Regeln.
FAZIT
Die Dramen kann man überfliegen und sich auf den Hauptteil in der Traumwelt konzentrieren. Nicht gerade ein Highlight der Mangakultur, und auch im Bereich Genderbender gibt es deutlich bessere Titel. Trotzdem: die Charaktere sind liebenswert, die Zeichnungen schlicht aber ansprechend, die Geschichte ist interessant. Es macht einfach Spaß zu lesen. Insgesamt ist AFTERSCHOOL NIGHTMARE trotz einiger markanter Schwächen ein Manga, den ich sehr gerne gelesen habe und den ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.
SaschaSalamander 11.12.2019, 14.05
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