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Ausgewählter Beitrag
Ein dunkles Spiel
Welche Abgründe lauern hinter der Fassade eines Menschen? Dieser Frage muss sich die Mannheimer Hauptkommissarin Jelene Bahl stellen, als sie die Ermittlungen im Mordfall an einer zweifachen Mutter in die Vergangenheit führen. Am selben Tatort wurde fünf Jahre zuvor eine traumatisierte und schwer verletzte Frau aufgefunden, die sich tagelang in der Hand von brutalen Entführern befand – doch der Fall wurde nie aufgeklärt. Schon bald stößt Jelene Bahl auf verstörende Parallelen. Aber wer spielt die entscheidende Rolle im geheimnisvollen Doppelleben beider Opfer?
Ein Verdächtiger wird gefasst, doch Jelene ahnt: Die Wahrheit ist viel dunkler, als es den Anschein hat. Ihre Suche führt sie nicht nur in ihre eigene schmerzvolle Vergangenheit, sondern auch in die Nähe des Mörders.
AUTORIN
Britta Habekost gehört zu meinen liebsten deutschen Autorinnen. Deswegen lese ich ihre Titel immer dann, wenn ich mir beim Lesen wieder einmal etwas Besonderes gönnen möchte. Sie hat bereits in unterschiedlichen Genres veröffentlicht, und ich habe hier schon viel über sie erzählt. Um die Rezension nicht zu sprengen, hänge ich den Verweis auf meine anderen Rezensionen ans Ende ;-)
CHARAKTERE
Die Darstellung unterschiedlicher Charaktere ist eine große Stärke der Autorin. Ohne sich in unnötigen Details zu verlieren, gelingt es ihr mit kleinen Andeutungen und Gesten, dem Leser ein sehr klares Bild zu vermitteln.
In diesem Roman ist es etwas anders: Ich hatte während des Lesens häufig ein seltsames Gefühl, weil ich die Handlung einer Person nicht nachvollziehen konnte, weil ich eine Situation nicht zu deuten wusste und vieles unklar blieb. Das ist normalerweise nicht ihre Art und hat mich deshalb etwas verunsichert. Machte es zugleich aber auch äußerst spannend, hinter die Fassade zu blicken und mehr über die Protagonisten zu erfahren. Die Motive der Handelnden bleiben im Unklaren, und ein Cliffhanger folgt dem anderen, sodass ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte, um endlich zu wissen, was die Figuren vor mir verbergen.
Rückblickend nach dem Lesen: anders hätte sie die Charaktere nicht darstellen können. Das Buch hätte nicht funktioniert, denn das Unaugesprochene, Unklare, Fehlende ist Teil der Auflösung und wird erst am Ende offenbart. Ein sehr geschickter Kniff, der beinahe Lust macht, das Buch sofort im Anschluss erneut zu lesen, dieses Mal zwischen den Zeilen.
SPRACHE, STIL
Während die meisten ihrer Bücher vor allem durch ausgewählte Sprache und einen feingliedrigen Stil glänzen, ist dieses hier einfach flüssig und mitreißend. Klare, direkte Sprache, die den Leser sich ganz auf die Handlung konzentrieren lässt.
Eines aber haben all ihre Bücher gemeinsam: Stil. Wo andere gerne mal ins Vulgäre abdriften oder die Sprache "gewöhnlich" wird, sitzt bei ihr jedes Wort an der richtigen Stelle, schwingt eine gewisse Eleganz mit. Sie kann mit Worten umgehen und weiß auch, wann sie diese besser zurückhält. Ich schätze es sehr, wie sie ihre Sprache je nach Inhalt und Genre variiert oder sich diesbezüglich auch bewusst zurücknimmt.
Ein Satz aus ihrem Buch, der dies sehr schön zusammenfasst: "In all diesem Grauen [...] dennoch ein Hauch von Schönheit"
SPANNUNGSBOGEN
Der Spannungsbogen ist das, was mir dieses Mal am besten gefiel. Ich liebe klassische Ermittlerarbeit, und die gibt es hier zuhauf. Da der Leser selbst im Unklaren bleibt, darf er gerne seine eigenen Schlüsse ziehen. Die Wahrheit liegt auf der Hand, manchmal so naheliegend, dass man es sich weigert zu sehen. Deswegen hatte ich keine andere Möglichkeit als in jeder freien Minute sofort weiterzulesen. Das passiert mir selten, aber die Autorin hat es geschafft: ich habe wieder einmal meine Haltestelle verpasst, weil ich zusammen mit einem Protagonisten grübelte, was wir bei der Durchsuchung übersehen hatten ;-)
Was ebenfalls zu erwähnen ist: der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an, gelangt an einen Höhepunkt - und dann folgt kein Epilog, kein Abschluss, sondern es geht einfach weiter! Dem Leser ist unklar, ob nun weitere Erkenntnisse im abgeschlossenen Fall folgen, oder ob nun die Geheimnisse der Protagonisten offenbart werden. Sehr schöner Kniff, der zu oft angewendet an Reiz verlieren würde, der hier als Ausnahme wirklich etwas Besonderes ist und deswegen besonders glänzt. Es gibt mehrere Twists, sodass man niemals weiß, was einen womöglich noch erwartet.
Was ebenfalls zum Spannungsbogen beiträgt: die Handlung ist perfekt geplottet. Man spürt von Beginn an, dass die Autorin einen Plan hatte. Alles, was erwähnt wird, hat einen tieferen Sinn, der sich erst später offenbart. Jeder Gegenstand, jedes gesprochene Wort, jede erlebte Handlung fügt sich später ins Gesamtbild. Sie dehnt die Handlung nicht unnötig aus sondern erzählt punktgenau nur das, was nötig ist.
(Persönliche Meinung am Rande: in Zeiten, wo viele Autoren ihre Titel unnötig aufblähen, finde ich es angenehm erfrischend, wenn jemand sich auf das Wesentliche beschränkt. Ich bevorzuge meist gekürzte Hörbücher, weil sich viel zu oft unnötige Information zwischen der eigentlichen Handlung befindet, die weder zur Charakterisierung noch zur Handlung beiträgt. Atmosphäre, erzeugt durch präzise Worte, gefällt mir besser als endlose Beschreibungen).
FAZIT
Ich mag die Vielseitigkeit der Autorin. Ob kunsthistorischer Krimi, sinnlicher Roman, erotische Novelle, Lokalkolorit, packender Thriller oder oder - ihre Spielwiese ist groß, Wiederholung liegt ihr fern.
EIN DUNKLES SPIEL ist ein Krimi, der sich aus der Masse abhebt und in allen Punkten überzeugt. Meine Empfehlung geht also durchweg an alle Fans dieses Genres, egal ob Viel- oder Gelegenheitsleser.
ANHANG
Nora Schwarz:
Britta Hasler:
Britta Habekost:
SaschaSalamander 21.10.2019, 08.43
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