SaschaSalamander

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Hörst Du mir überhaupt zu

Das Buch führt 100 Sätze an, die in Beziehungen wohl immer irgendwann einmal fallen. Der Autor Matthias Nöllke beleuchtet verschiedene Stadien und Alltagssituation wie beispielsweise das erste Kennenlernen, die erste Verliebtheit, das Treffen mit Freunden, gemeinsame Unternehmungen (Shopping, Sport), Kontakt zur Familie und Freunden, aber auch die Krisen, den typischen Alltag im Haushalt und später Streit bis hin zur Trennung. 

Sosehr man sich auch vornimmt, bestimmte Dinge niemals zu sagen, passiert es eben doch, ob man will oder nicht, und jeder Leser, der in einer längeren Beziehung ist oder eine hatte wird meistens ertappt nicken. 

"Hörst Du mir überhaupt zu" (naja, irgendwann glaubt man zu wissen, was der Partner lange monologisiert, da schaltet man eben auf Durchzug). "Wir müssen dringend mal reden" (uh-oh!). "Naja, eigentlich war das ja soundso" (wenn einer in Gesellschaft vor anderen eine Situation erzählt und der Partner das berichtigt). "Jetzt bin ich also wieder schuld" (wer kennt diesen Satz nicht? *g*). "Also, ICH finde das ordentlich genug" (selbst bei zwei Reinlichkeitsfanatikern wird der eine immer etwas reinlicher sein als der andere, diese Art Konflikt ist Pflichtprogramm). 

Die Sätze werden nicht einfach aufgezählt sondern kurz analysiert: wird der Satz häufiger von Männern oder Frauen gesagt? Welche Gedanke steckt dahinter? Was rät der Experte in diesem Fall? Und wie sollte man antworten, wie reagieren?

Für ein Fachbuch ist das Buch zu platt und klischeebeladen, denn wirklich wissenschaftliche Quellen werden nicht genannt, die Tipps sind oft eher scherzhaft, und manche der Sätze wirken, als hätte man sie schnell eingefügt, um die Sätze irgendwie auf 100 aufzustocken. Die Geschlechterrollen werden hier teilweise schon sehr platt dargestellt, und einige Male musste ich genervt mit dem Kopf schütteln und habe einfach gelangweilt weitergeblättert.

Für ein reines Plauder- und Humorbuch allerdings geht es mir dann doch etwas zu tief. Denn so platt manches ist - ja, ich habe recht oft schlucken müssen, ein Großteil der Sätze ist auch bei uns schon gefallen. Und da das Buch Klischees beleuchtet, muss man sich als Leser erst einmal bewusst machen, wiesehr man möglicherweise selbst in einem solchen Klischee gefangen ist, selbst wenn man dies nie wollte. Am Ende ist man auch nicht anders als die anderen Beziehungen. Die Probleme sind oft die gleichen, bei allen Paaren. Was jedoch anders ist, das ist die Möglichkeit, damit umzugehen und die Konflikte zu lösen. 

Und für diesen Zweck finde ich das Buch tatsächlich sehr interessant. Ich habe es als Ebook über Skoobe, aber ich überlege es zu kaufen, plattes Klischee hin oder her. Einfach zur gelegentlichen Erinnerung, zum gemeinsamen Blättern. Um immer mal wieder zu sehen, wo man noch an sich arbeiten kann und um gemeinsam zu schmunzeln. Denn das eigene Problem erscheint plötzlich kleiner, wenn man erkennt, wiesehr man in ein allzu menschliches Muster geraten ist und um was es eigentlich geht. Sätze wie "wer hat denn HIER so ein Chaos angerichtet" (bevorzugt aus dem Badezimmer oder der Küche gerufen und in einem Zwei-Personen-Haushalt wirklich unnötig zu fragen) werden humorvoll enthüllt. Sie bringen eine Beziehung langsam Richtung Alterstod, es steht zuviel Unausgesprochenes dahinter. Es ist gut, sich das gelegentlich bewusst zu machen ... 

Und vielleicht, wenn wieder einmal so ein Satz zu Hause fällt, wird es statt Augenverdrehen und Motzen ein Grinsen geben ... wenn die Antwort nämlich nicht lautet "ja, DU findest das sauber, aber ich nicht" sondern "oh, das stand auch in dem Buch, wieder so ein blödes Muster" ... ein Problem zu erkennen ist der erste Weg, es zu lösen :-)

Von daher - Danke, Herr Nöllke, das Buch ist ein kleiner Augenöffner, der zwar unterhält aber zwischen den Zeilen auch sehr viel Möglichkeit zur Selbstreflexion bietet. Ich denke, dass es vielen eingefahrenen Paaren helfen kann, die Beziehung mal ein wenig zu entstauben. 

SaschaSalamander 11.03.2014, 08.43

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