SaschaSalamander

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Sozialstress

Als man noch Briefe bekam, konnte man sie zur Not nach Tagen beantworten, manchmal gingen sie auch hilfreicherweise verloren. Mittlerweise aber versteckt sich hinter fast jedem akustischen Informationssignal in unserem Alltag ein tatsächlicher, uns jederzeit umgebener menschlicher Kontakt und erzeugt einen Sozialstress, wie man ihn vorher nur von beleidigenden Tanten und Onkeln kannte, für deren Ansichtskarte vom Bodensee man sich nicht bedankt hatte. Jeder weiß, dass E-Mails, auf die man nicht innerhalb von 48 Stunden reagiert hat, niemals beantwortet werden. Selbst, wenn man sich entschließt, den Alarm zu ignorieren, ist die Galgenfrist nur kurz, bei SMS beträgt sie wenige Stunden, bei Instant Messaging Services Minuten.

(aus: Frank Schirrmacher: Payback; Blessing 2009; S. 32 f)

SaschaSalamander 09.07.2011, 09.47

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Kommentare zu diesem Beitrag

1. von Soleil

*stöhn*
Ja!
Hat er denn auch Alternativen und Gegenmaßnahmen parat? ;-)

vom 09.07.2011, 14.04
Antwort von SaschaSalamander:

Soweit bin ich noch nicht. Erst lässt er sich die Hälfte des Buches über all die Probleme aus, und im zweiten Teil dann geht es um "wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen können".

Bin derzeit auf Seite 55 von 230 und sehe es momentan ein wenig zwiespältig. Einerseits stimme ich ihm zu. Aussagen wie die oben kann ich zu hundert Prozent unterstreichen, leide selbst darunter, wenn Menschen nicht verstehen, warum ich nicht ständig auf eine SMS antworte oder ein Mail bei mir mal eine Woche liegt statt sofort beantwortet zu werden. Ich liebe das Schreiben von Hand, und ich warte gerne zwei Wochen auf die Antwort, wenn diese liebevoll mit Aufklebern verziert ist und man nicht mal schnell zwischen Tür und Angel was in ein Mail getippt hatt.

Was mich aber derzeit ein bisschen stört: es ist sehr pauschalisierend, z.B. schreibt er "wir können nicht mal mehr richtig konzentriert ein Buch lesen". Doch, kann ich. Und ich finde es schade, wenn er alle Menschen über einen Kamm schert.

Und zum anderen redet er NUR über die Nachteile. Aber das Internet hat auch viele Vorteile. Damals musste ich in die Bibliothek, für meine Facharbeit vor 15 Jahren saß ich in der Bib an einem riesigen Tisch, um mich herum etwa 20 Fachbücher verstreut, wo ich nachschlug, schrieb, etc. Da gelobe ich mir heute das Internet, den Onlineduden und derlei Dinge. Ich brauche keinen 25bändigen Brockhaus, der drei volle Regale füllt, den Platz kann ich für andere Dinge nutzen. Ich habe alte Freunde wiedergefunden, die ich seit 17 Jahren aus den Augen verloren habe, was habe ich mir bei Facebook ein Loch in den Bauch gefreut, als ich sie sah! Statt ständig zu mailen, schicken wir uns wieder wie damals Briefe, das Netz war nur die Möglichkeit, sich wiederzufinden ...

Vielleicht wird er den Nutzen ja ansprechen, wenn er von der "Heilung" dieser "Krankheit" redet, indem er davon erzählt, wie man das Netz positiv nutzen kann und worauf man beim Selektieren achten muss.

Ich lasse mich überraschen und bin gespannt, welche Richtung das Buch nehmen wird: hilfreich, inspirierend oder plakativ, jammernd ...

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